
Froschdrama
in Maria Saal
Vertrieben. Vergessen.
Einbetoniert. Getötet.
Ein Straßenbau durch einen alten Garten in Kading, Gemeinde Maria Saal, bedroht Lebensräume und Laichplätze von streng geschützten Gelbbauchunken, Alpenkammmolchen sowie von Gras- und Laubfröschen.
Der Maria Saaler Gemeinderat hat das Bauprojekt EINSTIMMIG beschlossen. Ziel: die Umwidmung von landwirtschaftlicher Fläche in Bauland, die sich während bei der Bauverhandlung kurioserweise in eine Zufahrt für landwirtschaftliche Maschinen ändert.
Die Beschlussfassung
GR (Gemeinderat) Mag. Ernst Ruhdorfer verlässt aufgrund von Befangenheit den Sitzungssaal.
e) Ist-Stand Wegverlegung der Parz. Nr. 684/1, KG Kading (72124), Ansuchen von Herrn Mag. Ernst Ruhdorfer, Kuchling 1 und Herrn Erich Begusch und Mag. Heidemarie Begusch-Ruhdorfer vom 26.03.2019
Der Referent 2.Vizebürgermeister Peter Pucker erläutert den Gemeinderatsmitgliedern den Antrag von Herrn GR Mag. Ernst Ruhdorfer um Wegverlegung und erklärt, dass ca. 1.500m² in Bauland umgewidmet werden soll. Herr GR Mag. Ernst Ruhdorfer will die neue Straßenanlage aber nur asphaltieren, wenn die Umwidmung rechtskräftig wird.
Die straßenbautechnische Stellungnahme des Herrn Ing. ASV Ferdinand Spielberger wurde bis dato nicht vorgelegt. Die Stellungnahme des Herrn Ing. Herbert Michl liegt vor. Die Planbeilage wurde am 09.12.2019 adaptiert.
Die geplante Straße inkl. Nebenanlagen liegt nicht im Hochwasserabflussbereich des Pörtschacher Baches bzw. des Höllgrabens.
Die Kriterien für den Straßenbau werden einvernehmlich wie folgt festgelegt:
Frostkoffer 0,40 m
Feinplanierung 0,10 m
Frostkofferbreite 5 m
Asphaltstärke 0,10 m
Asphaltbreite 3,5 m
Bankettbreite je 0,5 m
Antrag des Referenten 2.Vizebürgermeister Peter Pucker an den Gemeinderat:
Der Gemeinderat möge der geplanten Wegverlegung Parz. Nr. 684/1, KG Kading (72124), gemäß der Stellungnahme und Planbeilage des Ingenieurbüros Herbert Michl, Maria Saaler Berg Weg 15, 9063 Maria Saal, vom 22.11.2019 und der adaptierten Planbeilage vom 09.12.2019 sowie den oben angeführten Kriterien für den Straßenbau, nach Vorliegen einer Baubewilligung sowie Bauvollendungsmeldung der zu errichtenden Straßenanlage inkl. Nebenanlagen und Regelung der Straßenwässer, grundsätzlich zustimmen. Einvernehmlich wird festgehalten, dass vorerst nur der Einfahrtstrichter auf einer Länge von 6m zu asphaltieren ist. Erst nach Rechtskraft der angestrebten Baulandwimung ist die Restfläche zu asphaltieren. Sämtliche Kosten für die gesamte Straßenerrichtung sind durch den Bauwerber zu entrichten.
Einstimmiger Beschluss
Hier finden Sie das Original-Dokument Seite 39-40

Bürgermeister, Gemeindevertreter & Bauwerber waren über Amphibien-Vorkommen informiert.
Bürgermeister Anton Schmidt (ÖVP), (seit 14. März 2021 nicht mehr im Amt) sowie Vertreter der SPÖ (Vizebürgermeister Peter Pucker) als auch der GRÜNEN (Gemeinderätin Andrea Gerl) wurden vor der Abstimmung über das Vorkommen der Amphibien informiert.
Bgm. Schmidt sagte: "Es wird eine Bauverhandlung geben, da kannst du deine Einwände vorbringen". GRin Gerl machte sich sogar vor Ort ein Bild. Vzbgm. Pucker bemühte sich und begleitete mich auf das Bauamt der Gemeinde Maria Saal, wo ich den Sachbearbeiter 3 x fragte: "Was passiert mit den Fröschen, betoniert ihr diese ein? Dies sind geschützte Tiere". Die Antwort: Schweigen.
Trotz des Wissens über das Amphibienvorkommen wurde der Bau der Strasse und die damit einhergehende Tötung und Vertreibung der geschützten Amphibien EINSTIMMIG beschlossen. Die Tierschutzverordnung wurde außer Acht gelassen und die Sorgfaltspflicht ignoriert.
Auf die Frage, warum SPÖ und GRÜNE für den Bau der Straße gestimmt haben, antworten Pucker und Gerl unisono: "Weil das Land gesagt hat, dass hier gebaut werden darf". Ich frage beim Land Kärnten (Raumordnung und Gemeindeplanung) nach. Die Antwort, kurz zusammengefasst: Das Land sieht sich die Raumplanung an. Was auf den jeweiligen Flächen passiert, entscheidet die Gemeinde.

Ein alter Naturgarten, für immer zerstört
Durch diesen Garten im Bild, entlang des Zaunes links, soll die Straße gebaut werden. Mit 6 Meter Einfahrtstrichter, 5 Meter Frostkoffer, 4,5 Meter Straßenbreite, 30 Meter Länge. Abschüssiges Gelände, max. 9% Gefälle und 2% Querneigung, damit Gewässer (auch Starkregen) auf das Grundstück der Bauwerber geleitet werden und dort versickern. Auf einer begrünten Restfläche von rund 3 Metern Breite, wo auch ein Flüssiggastank hin soll.
Ein Traktor-Highway
... oder die Verhandlung eines Bauprojekts, das so nicht beschlossen wurde.
Die bereits bestehende Straße ist mit 3 Meter Breite für eine Widmung lt. Bauordnung der Gemeinde Maria Saal ausreichend, da auf ca. 1.000m² max. 1- 2 Wohneinheiten geschaffen werden können. Doch was passiert, wenn aufgrund der topographischen Verhältnisse keine Widmung erteilt wird? Da die Bauwerber die Straße erst asphaltieren müssen, wenn gewidmet ist, gäbe es eine unfertige Straßenanlage, sprich: eine Schotterstraße.
Auszug aus der Niederschrift der Bauverhandlung:
"Auf Fragen betreffend die Umwidmung in der Nähe befindlicher Grundstücke gibt Bürgermeister Anton Schmidt bekannt, dass diese seitens des Gemeinderates noch nicht erfolgt ist und dass die mögliche Umwidmung in der Nähe befindlicher Grundstücke für die Bauverhandlung des aktuellen Bauvorhabens nicht von Relevanz ist."
"Auf die Frage der Notwendigkeit der Errichtung einer neuen Straße in den geplanten Dimensionen führt der Bauwerber aus, dass die aktuell bestehende Straße für moderne landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge zu schmal ist und eine Verbreiterung der aktuellen Straße nicht möglich ist." Auszug Ende.
Auf meine Frage, ob hier jetzt ein Highway für den Traktor gebaut wird und warum die Fläche für die Zufahrt der landwirtschaftlichen Maschinen nicht begrünt bleiben kann, antwortet der bautechnische Sachverständige Reg.Rat Ing. Mario Held: "Dies ist Bauland und hier darf gebaut werden".
Mit der Erntemaschine wurde seit jeher über die Fläche des benachbarten Landwirtes zugefahren. Diese Zufahrtsmöglichkeit wird dem Bauwerber - Gemeinderat und Ausschussobmann für Straßen, Bau-, Wohn- und Siedlungswesen, Wasser, Abwasserbeseitigungs- und Kanalangelegenheiten der Gemeinde Maria Saal, Ernst Ruhdorfer - künftig laut seinen eigenen Aussagen vom Grundbesitzer verwehrt.
Die Abfahrt der Erntemaschine im Jahr 2020 ist im folgenden Video ersichtlich.

Ackerbau auf teils sumpfigen Flächen
Die landwirtschaftliche Fläche (in den Bildern unten das Maisfeld) hat eine Größe von etwa 0,9 Hektar. Etwa 0,75 Hektar sind rote und orange Hochwasserschutz-Zone, die restlichen 1.500 m² sollen laut Gemeinderatsbeschluss in Bauland gewidmet werden. Die Fläche grenzt an an einen "Erlenbruch- und Sumpfwald" (Biotopkataster des KAGIS unter der Biotop-Nummer 20418/0014). Hier steht das Wasser mitunter knietief.
Ernte & Bauschäden
Aufgrund der feuchten Bodenverhältnisse haben wir Anrainer Probleme mit unseren Häusern und Liegenschaften. Sie sind im Laufe der Jahre teils gesunken und schief. Erleben wir einen nassen Herbst oder ein nasses Frühjahr, kommt das Wasser sehr nahe. "Verbrennt" anderswo im Sommer der Rasen, präsentieren sich unsere Gärten in einem satten Grün.
Das weiß auch der Bauwerber. 2017 schwammen auf seiner Fläche die Kürbisse im Wasser, 2018 war die Ernte der Sonnenblumen nicht möglich und selbst 2020 konnte nicht die gesamte Ernte eingefahren werden. Siehe Bilder unten.
Die Bauverhandlung
Nach dem Gemeinderatsbeschluss kontaktierte ich die ARGE Naturschutz. Ich begann, das Geschehen im Teich und das Vorkommen der Amphibien zu fotografieren, zu filmen, Audioaufnahmen zu erstellen und zu protokollieren.
So war es der ARGE Naturschutz möglich, eine detaillierte Untersuchung und eine Ausarbeitung von Maßnahmenvorschlägen zu empfehlen. Auf Grund dessen wurde am 26. August 2020 im Rahmen der Bauverhandlung beschlossen, dass die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt Land auf ihre Kosten ein Fachgutachten eines Sachverständigen aus dem Bereich Naturschutz in Auftrag geben wird. Das "Gutachten" ist unten ersichtlich.

Das Gutachten
Der geplante Zufahrtsweg wird innerhalb eines geschlossenen Siedlungsgebietes errichtet. Eine Beeinträchtigung für das Landschaftsbild und den Landschaftscharakter ist durch den Zufahrtsweg nicht gegeben. Da die angebundene Fläche als Intensivacker (Mais) bewirtschaftet wird sind auch keine naturschutzrelevanten Schützgüter von der Maßnahme betroffen.
Aus naturschutzrechtlicher Sicht kann daher dem Projekt zugestimmt werden.
Das "Gutachten" wurde zu einer "Stellungnahme" und ist am 21. 10. 2020 bei der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt Land eingelangt.
Der Baubescheid
Am 28. Jänner 2021 trifft der Baubescheid ein. Herrn GR Ernst Ruhdorfer wird die Baubewilligung erteilt. Auszug aus dem Bescheid:
a) Die erhobene Einwendung der Frau Claudia Hölbling ....., rechtsfreundlich vertreten durch ..... , in Bezug auf den mangeldnden Bedarf einer weiteren Straße, die Wertminderung des Grundstückes und die Gefährdung besonders geschützter Tierarten (diversere Amphibienarten) werden als unzulässig zurückgewiesen.
b) Die erhobene Einwendung der Frau Claudia Hölbling ....., rechtsfreundlich vertreten durch ..... , in Bezug auf eine unzureichende Ableitung bzw. Versickerung von Niederschlagsgewässsern auf Eigengrund, eine fehlende entsprechende Widmung bzw. eine Bauführung in einer Gefahrenzone und eine allgemeine Gefährdung durch die Lokalisation des Flüssigtanks werden als unbegründet abgewiesen.
Es folgen die Begründungen ...
Gegen diesen Bescheid ist das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Kärnten zulässig. Dieses Rechtsmittel haben wir genutzt.

Danke Justizia!
Beschluss des KLVwG
Im März 2021 trifft der Beschluss des Landesverwaltungsgericht Kärnten ein.
I. Gemäß § 31 Abs 1 iVm § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG wird der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land vom 21.01.2021, Zahl: KL3-BAU-565/2020 (012/2021) aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde z u r ü c k v e r w i e s e n .
II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist
u n z u l ä s s i g .
Die Tierschutzverordnung
Der Schutz der Amphibien ist kein Gutdünken, sondern eine Pflicht, die in der Kärntner Tierschutzverordnung § 1 festgesetzt ist:
Vollkommen geschützte heimische Tiere dürfen in allen ihren Entwicklungsformen weder verfolgt, beunruhigt, gefangen, befördert, gehalten oder getötet werden.
Die vollkommen geschützten heimischen Tiere sind im gesamten Landesgebiet ganzjährig geschützt. Die Gelbbauchunke und der Alpen-Kammmolch finden sich in der FFH-Richtlinie (RICHTLINIE 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen) unter dem ANHANG II (Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen).
Der Laubfrosch und auch Gelbbauchunke sowie Alpen-Kammmolch sind im ANHANG IV (Streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse) der FFH-Richtlinie angeführt.
Kontakt
Claudia Hölbling
Gartenweg 10
9063 Maria Saal
0664 2546447